Abschreckrisse sind ein durch Spannungsrisse verursachter Defekt. Sie entstehen, wenn die innere Spannung des Materials die Bruchfestigkeit überschreitet. Die Ursachen hierfür sind sehr komplex. Die innere Spannung bildet sich während des Abschreckprozesses und weist Zugspannungen auf. Die innere Ursache für Abschreckrisse liegt darin, dass die Spannung bei der martensitischen Umwandlung des Materials während des Abschreckprozesses zu hoch ist. Dies hängt eng mit der chemischen Zusammensetzung des Stahls zusammen, insbesondere mit dem Kohlenstoffgehalt und dem Gehalt an Legierungselementen. Generell gilt: Je höher der Kohlenstoffgehalt, desto höher die Rissneigung. Man geht allgemein davon aus, dass bei einem Kohlenstoffgehalt (w(C)) von 0,2 % keine Abschreckrisse auftreten. Gleichzeitig können auch externe Faktoren wie Abschreckverfahren und die Oberflächenqualität des Stahlrohrs Abschreckrisse verursachen.
Je nach den verschiedenen Faktoren, die zu Abschreckrissen führen können, lassen sich folgende vorbeugende Maßnahmen ergreifen:
1. Vorbeugende Maßnahmen gegen durch Oberflächenfehler verursachte Abschreckrisse. Um durch lokale Spannungskonzentrationen an Oberflächenfehlern hervorgerufene Abschreckrisse zu vermeiden, ist es notwendig, die Oberflächenqualität des gewalzten Rohrkörpers zu verbessern und makroskopische Defekte sowie Formänderungen des Materials zu reduzieren.
2. Vorbeugende Maßnahmen gegen Spannungsrisse beim Abschrecken. Durch Reduzierung der Abkühlgeschwindigkeit lässt sich die Eigenspannung verringern, d. h. die durch die martensitische Phasenumwandlung entstehende Strukturspannung wird reduziert. Die Phasenumwandlung der Innen- und Außenwände erfolgt graduell. Unter der Voraussetzung einer Abkühlgeschwindigkeit von 50–60 °C/s für die gesamte martensitische Struktur wird der Kühlwasserdurchfluss entsprechend reduziert und eine kombinierte Innen- und Außenduschenkühlung (verzögert) angewendet. Theoretisch entspricht die Verzögerungszeit der Außenduschenkühlung gegenüber der Innenkühlung der Zeit, die für den Beginn und Abschluss der martensitischen Phasenumwandlung der Innenwand des Stahlrohrs benötigt wird, um Druckspannungen im Rohrkörper zu erzeugen. Durch die Entstehung von Druckeigenspannungen in Umfangsrichtung des Rohrkörpers lassen sich Abschreckrisse deutlich reduzieren oder sogar vollständig vermeiden.
3. Vorbeugende Maßnahmen gegen Oberflächenaufkohlungsrisse beim Abschrecken. Die Viskosität der Schutzschlacke sollte angemessen erhöht, der Schlackenverbrauch reduziert und die flüssige Schlackenschicht verdickt werden, um Schwankungen der Stahlschmelzoberfläche zu vermeiden. Gleichzeitig wird durch die erhöhte Schlackenviskosität die Diffusionsgeschwindigkeit des Kohlenstoffs aus der Schlackenschicht in die Stahlschmelze deutlich verlangsamt. Die Zugabe einer geeigneten Menge Oxidationsmittel (z. B. MnO₂) zur Schutzschlacke fördert die Oxidation des Kohlenstoffs in der Schutzschlacke und reduziert effektiv den Kohlenstoffgehalt in der kohlenstoffreichen Schicht und der Schlackenschicht. Alternativ kann kohlenstofffreie Schutzschlacke verwendet werden.
4. Vorbeugende Maßnahmen gegen Abschreckrisse in rissempfindlichen Stählen. Die Zusammensetzung der Stahlsorte sollte entsprechend angepasst, der Kohlenstoffgehalt reduziert, das Korn verfeinert und die Rissbeständigkeit verbessert werden. Bei wasserabgeschreckten Stählen ist der Massenanteil von Kohlenstoff und Mangan streng zu kontrollieren. Bei der Wasserabschreckung besteht Rissgefahr; daher sollte die Ölabschreckung eingesetzt werden. Bei Stählen mit hohem Kohlenstoff- und Mangangehalt trägt die Reduzierung der Abschrecktemperatur und der Abkühlgeschwindigkeit dazu bei, Abschreckrisse in Stahlrohren zu vermeiden.
Veröffentlichungsdatum: 09.10.2024
